107
sich noch zu demselben begeben wollten, zu vercheilen. Hiedurch
bekam das Heer einen außerordentlichen Zuwachs. Während nun
der größere Theil desselben den Sturm von Außen begann, drang
Camillus selbst mit einer auserlesenen Schar durch den unterir-
dischen Gang in das Innere der Stadt und öffnete den Stür-
menden die Thore. Furchtbar war jetzt der Kampf in den Stra-
ßen, in den Häusern, bis endlich der Diktator den Befehl erließ,
der Wehrlosen zu schonen. Die dem Blutbade Entronnenen wur-
den als Sklaven verkauft. Unermeßlich war die Beute, die man
in der eroberten Stadt (396) fand. Ein glänzender Triumph
verherrlichte die Rückkehr des Siegers. Der Dictator selbst fuhr
in einem mit vier weißen Rossen bespannten Wagen das Capitol
hinan. Hieran aber nahm das Volk Anstoß, weil weiße Rosse
dem Jupiter und der Sonne heilig waren.
So wurde Veji, wie einst Troja, nach zehnjähriger Bela-
gerung erobert, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß Dichtung
und Sage manche verschönernde Züge von der Belagerung und
Eroberung von Troja auf die von Veji übertragen hat. Die
Einnahme dieser schönen etruscischen Stadt mit den fruchtbaren
Fluren umher erregte bei den Plebejern den Wunsch, ja selbst
den Entschluß, sich in derselben niederzulassen. Und dieser Ent-
schluß würde auch zur Ausführung gekommen sein, hätten sich
demselben nicht der Dictator, alle Patricier und selbst zwei Volks-
tribunen auf das eifrigste widersetzt. Und in der That, wäre der
Plan zur Ausführung gekonnnen, so würde Veji die gefährlichste
Nebenbuhlerin Roms geworden sein; und vielleicht hätte Rom das-
selbe Schicksal von der Tochterstadt Veji wieder erlitten, welches
Nom selbst einst der Mutterstadt, Alba longa, bereitet hatte. Die
Plebejer gaben endlich nach und beschlossen zu bleiben. Eine reiche
Ackervertheilung im Gebiete von Veji wirkte hierauf wesentlich ein.
Camillus eroberte auch bald nachher die etruscische Stadt
F alerii. Desungeachtet sank der siegreiche Held mehr und mehr
in der Achtung und Liebe des Volkes, besonders seitdem es ihn
bei den über weitere Zugeständnisse gepflogenen Verhandlungen
als seinen Hauptgegner kennen gelernt hatte. Ja er kam sogar
in den Verdacht, einen beträchtlichen Theil der Beute von Veji
unterschlagen zu haben; und die Tribunen luden ihn vor die
Volksgemeinde. Zu stolz, um sich gegen eine solche Anklage zu
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388
alle Werke haben einen deklamatorischen Charakter, und die
Grenzen der poetischen und prosaischen Sprache werden immer
mehr verrückt. Die letzte Periode, das eherne oder eiserne
Zeitalter genannt, reicht bis 476. Die schon in der vor-
hergehenden Periode fühlbaren Ursachen des Verfalles wirkten
um so schneller, je weniger die Wissenschaften von Seiten der
ungebildeten Herrscher, die, mit wenigen Ausnahmen (wie z. B.
Marcus Aurelius oder Alerander Severus) den Thron bestiegen,
auch nur einiger Unterstützung oder Aufmunterung sich erfreuen
konnten. Bei der zerrütteten Lage des Reiches im Innern und
bei den steten Angriffen fremder Völker von Außen verlor die
Literatur immer mehr an Würde und Bedeutung. Sie bietet
von jetzt an größtentheils nur geistlose Compilationen; pomp-
hafte Phrasen und bis in's Lächerliche gesteigerter Schwulst sollen
die innere Leere verdecken. Nur wenige Produkte dieser Zeit
athmen einen etwas besseren Geist.
A. P oe sie.
Die dramatische Poesie der Römer ging von der Über-
setzung griechischer Muster aus und erhob sich nicht über Nach-
bildung derselben. Livius Andronicus, ein tarentinischer
Grieche, der nach Eroberung seiner Vaterstadt als kriegsgefan-
gener Sklave in das Haus des Livius Salinator kam, dessen
Kinder erzog und dann mit der Freiheit beschenkt wurde, war
der Erste, welcher (im Jahre 240 v. Chr.) zu Rom ein Schau-
spiel aufführen ließ und Tragödien und Komödien schrieb. Ihm
folgte Nävius, ein geborner Grieche aus Campanien, der
während des ersten punischen Krieges im römischen Heere diente.
Er schrieb Komödien nach griechischen Mustern mit solchem Frei-
much, daß ihm die scharfe Rüge auf die römischen Sitten und
Laster Gefängniß und Verbannung zuzog. Größeren Ruhm er-
langten Pacuvius aus Brundusium (155) und sein jüngerer
Nebenbuhler L. Attius, der auch einige Mal den Gegenstand
der Tragödie aus der römischen Geschichte wählte.2) Ferner
der auch in anderen Gattungen der Poesie ausgezeichnete Q.
Ennius, aus Rudiä in Calabrien (239—168), den die Alten
2) Daher fabula togata, deren Stoff ein inländischer, im Gegen-
sätze zu f. palliata, deren Stoff ein ausländischer war.
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40
I weiter Jeitraum.
Rom als Republik. 509—30 vor Chr.
In diesem großen, vierhundert neun und siebenzig Jahre
umfassenden Zeiträume können drei besondere Abschnitte unter-
schieden werden:
Erster Abschnitt: Die Republik in ihrer Entwickelung und
Fortbildung, oder vom Sturze des Königsthums bis zur Unterwer-
fung Italiens. 509 — 264. — Der Sturz des Königsthums
wirkt gleich erschütternd auf die äußeren wie auf die inneren
Verhältnisse Roms. Es wird anfangs genöthigt, mit den be-
nachbarten Völkern der Etrusker, Sabiner, Latiner, Volsker und
Aquer um sein Dasein zu kämpfen; erhebt sich aber nach und
nach wieder zu seiner früheren Höhe. Die Veränderung im
Innern, wo an die Stelle der monarchisch-aristokratischen Ver-
fassung eine republikanisch-aristokratische gesetzt wird, bringt an-
fangs nur den Patriciern Vortheil, welche die königlichen Rechte
ihrem Stande Vorbehalten. Aber nun beginnt bald ein fast
zweihundert Jahre fortdauernder innerer Kampf der Plebejer mit
den Patriciern, dessen Ausgang für jene eben so glänzend als
segensvoll für die Gesammtheit des Staates ist. Die Plebejer
kämpfen erst um einen Schutz für ihre persönliche Freiheit, dann
um Erlangung bürgerlicher Rechte, und im Verlaufe dieses Kam-
pfes wird die Verfassung immer freier und volksthümlicher.
Völlige Gleichheit in allen Rechten und Pflichten ist der endliche
Ausgang dieses langwierigen Kampfes unter den beiden Ständen,
und die wiederhergestellte Eintracht macht eine größere Kraftent-
wickelung nach Außen hin möglich. Alle republikanischen Tugenden,
Tapferkeit, Aufopferung, Mäßigung, Nüchternheit entwickeln sich
in ihrem schönsten Glanze. Der Heldengeist der Römer zeigt
sich zunächst in den Kriegen mit den Galliern, dann mit den
Samnitern, zuletzt mit hem durch griechische Künste gebildeten
epirotischen König Pprrhus; und Italien gehorcht Rom.
Zweiter Abschnitt: Die Republik in ihrer Dlüthc; oder
von der Unterwerfung Italiens bis auf die Gracchifehcn Unruhen.
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Roms Italien Rom Italiens
12
Tifernum, wird bei Rom schiffbar und mündet sich bei Ostia in das
tyrrhenische Meer. Ureinwohner des Landes waren die S i k ü l e r,
bei diesen siedelten sich an die Casker oder Aboriginer und
bildeten vereint das Volk der Latiner. Die Hauptstadt dieser
Landschaft und in der Folge des ganzen römischen Weltreiches
war Rom. Ursprünglich auf dem palatinischen Berge angelegt,
erweiterte sie sich nach und nach, noch unter der Herrschaft der
Könige, über die angrenzenden Hügel, den Capitolinus, Quiri-
nalis, Viminalis, Esquilinus, Cälius und Aventinus. Darum
hieß sie auch die Stadt der sieben Hügel (urlis septicollis).
Der König Servius Tullius umschloß die sieben Hügel mit ei-
ner Mauer und theilte den innern Raum in vier Regionen oder
Bezirke: Suburana, Esquilina, Collina und Palatina. Im gal-
lischen Brande (389) ging der größte Theil der Stadt unter.
Sie wurde zwar im nächsten Jahre wieder aufgebauet, aber
wegen der Eile, mit welcher gebauet wurde, höchst unregelmäßig.
Mit der Zeit jedoch erweiterte und verschönerte sie sich, beson-
ders seit den punischen Kriegen, als durch glückliche Eroberungen
der Wohlstand der Bürger vergrößert und durch die Bekannt-
schaft mit der Kunst der Griechen auch ihr Geschmack verfeinert
wurde. Schon unter dem ersten Kaiser Augustus hatte sie eine
solche Größe erreicht, daß sie in vierzehn Regionen getheilt wurde.
Der Kaiser Nero ließ drei von diesen bis ans den Grund nie-
derbrennen, um durch schöneren Ausbau seinen Namen zu ver-
herrlichen. Sein eigener Palast, das sogenannte „goldene Haus",
nahm mit den vielen Nebenanlagen allein schon den Raum einer
Stadt, den ganzen Palatin, ein. Die meisten der folgenden
Kaiser thaten viel für die Verschönerung und Vergrößerung der
Weltstadt. Aurelian ließ noch drei Hügel, den Janieulus, Vati-
canus und Pincius (ooi1>8 llorkulorum) mit in ihr Gebiet ziehen
und um das Ganze eine neue Ringmauer mit ragenden Thür-
mcn, Zinnen und Brustwehren aufführen. Ihren höchsten Glanz
erreichte sie unter Diocletian, der sie Mt neuen Gebäuden und
Anlagen schmückte. Wie die Stadt selbst, so stand auch die ganze
Umgegend in glänzender Pracht da. Stundenweit war diese mit
den herrlichsten Landhäusern, Tempeln, Grabmonumenten und
Anlagen aller Art angefüllt, besonders zu beiden Seiten der
sechzehn Hauptstraßen, die von Rom ausliefen nach allen Rich-
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Extrahierte Personennamen: Servius_Tullius Collina Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Ostia Rom Capitolinus Esquilinus Esquilina Rom
105
schrei entsprang Mälius unter das Volk, abet Ahala setzte ihm
nach und durchstach ihn vor den Augen der regungslosen Menge.
Der Mörder entzog sich der Anklage der Tribunen durch frei-
willige Verbannung.
Jedoch hatte dieser Gewaltstreich nicht ganz die beabsichtigte
Wirkung. Freiheit und Gleichheit blieb die Losung der Ple-
bejer. Bereits im Jahre 426 kam die Entscheidung über Krieg
und Frieden von dem Senat an die Nationalversammlung der
Centurien. Einen noch bedeutenderen Gewinn errangen sie einige
Jahre später, im Jahre 421, als bei der Vermehrung der Qu ä-
storen oder Aufseher über den Staatsschatz (gerarium) von
‘ zwei auf vier, ihre Wählbarkeit auch zu dieser Magistratur
durchgesetzt wurde; denn dadurch gelangten Plebejer auch in den
Senat. Der Wirkungskreis der Quästoren wurde besonders er-
weitert im Jahre 405, wo der Ausbruch des letzten Krieges gegen
Veji Veranlassung ward zur Zahlung eines regelmäßigen Söl-
des au die im Felde stehenden Bürger.
Alle Kriege, welche die Römer bisher geführt hatten, wa-
ren größtentheils nur Streifzüge gewesen, eben so rasch geendet
als angefangen; denn lange konnte ja der Familienvater ohne
wesentlichen Nachtheil seines Hausstandes nicht abwesend sein.
Um aber nachdrücklicher gegen die Feinde auftreten zu können
und um den Weg zu größeren Unternehmungen zu bahnen, wurde
beschlossen, dem Heere einen regelmäßigen Sold zu zahlen I.
Die Erhöhung der Abgaben war eine natürliche Folge hievon.
Die nächste Veranlassung zu dieser Bewilligung des Soldes gab
ein schwerer langwieriger Krieg gegen Veji, die größte und
mächtigste Stadt Etruriens. Sie lag in der Nähe Roms, auf
einer Anhöhe am rechten Ufer der Tiber. Überragende Felsen
und Mauern schienen sie gegen jeden feindlichen Angriff hinrei-
chend zu schirmen. Sie war eine zu gefährliche Nebenbuhlerin
Noms, als daß man nicht den schon Jahrhunderte lang stets erneu-
erten Kampf endlich zur Entscheidung bringen sollte. Das Volk
frohlockte, als es hörte, daß ihm nunmehr seine Felddienste soll-
ten bezahlt werden. Die Tribunen aber murrten gegen diese
') Ante incntionem ullam plebis tribunorumye .senatus decrevit, ut
Stipendium miles de publico acciperet, cum ante id tempus de suo quis-
que functus eo munere esset. Liv. Iv. 59.
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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186
künftige Provinz vorzubereiten, in vier von einander unabhän-
gige Bezirke zerstückelt, welche die Hälfte des bisherigen Tributs
zahlen mußten.
Mit Macedonien hatte das verbündete Jllyrien gleiches
Schicksal. Der König Gentius wurde gefangen und mit sei-
nem Unglücksgefährten Perseus im Triumphe aufgeführt, sein
Reich aber in drei unabhängige Bezirke getheilt. Ein ungleich
härteres Schicksal traf Epirus, das sich fast ohne Schwert-
streich den Römern ergeben hatte. Hier wurden an einem Tage
siebenzig Städte geplündert und zerstört, und 150,000 Einwoh-
ner als Sklaven verkauft. Das sonst so blühende Land war
eine schaurige Einöde voll rauchender Trümmer, als die über-
müthigen Sieger es verließen. Auch selbst über diejenigen Grie-
chen, die an dem Kriege gar keinen Theil genommen hatten,
deren Gesinnung nur zweideutig gewesen war, wurde strenges
Gericht gehalten. Der achäische Bund hatte in dem Kriege mit
Perseus die strengste Neutralität beobachtet. Und dennoch wur-
den auf die Angabe eines feilen Verräthers, Kallikratidas,
über tausend der angesehensten Achäer, unter ihnen auch der Ge-
schichtschreiber Polybius, ohne allen Grund der Anhänglichkeit
an Perseus beschuldigt und zur Verantwortung nach Rom abge-
führt. Ohne Untersuchung, ohne Verhör wurden sie von den
Römern siebenzehn Jahre hindurch festgehalten; und als man
ihnen endlich, auf die ernste Mahnung des Porcius Cato, die
Erlaubniß zur Rückkehr in ihre Heimath ertheilte (151), waren
kaum noch dreihundert am Leben. Seit dieser Zeit war Grie-
chenland der Schauplatz beständiger Unruhen und Fehden. In
jedem einzelnen Staate gab es eine römische Partei, und die
Römer selbst nährten die Streitigkeiten in diesen Staaten, um
als Schiedsrichter in denselben auftreten und die völlige Unter-
werfung des Landes vorbereiten zu können.
Selbst in die Angelegenheiten S p r i e n s und Ägyptens
mischten sich um diese Zeit die herrschsüchtigen Römer. Antio-
chuö Epiphanes, König von Syrien, hatte einen Krieg ge-
gen Ägypten begonnen, wo die beiden königlichen Brüder Pto-
lemäus Philometor und Ptolemaus Physkon um die Herrschaft
stritten. Sofort erschien der römische Gesandte Popilius Lä-
nas und forderte im strengen Dictatortone von dem Könige die
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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178
näherte, ging ihm der Senat und das Volk feierlich entgegen,
um dem Sieger Glück zu wünschen. Dieser hielt nun seinen
Einzug mit einem Triumphgepränge, wie es Nom noch nicht er-
lebt hatte. Das ganze siegreiche Heer zog mit ihm. Auch die
außerordentliche Beute, welche in diesem Kriege gemacht war,
wurde im feierlichen Gepränge mit aufgeführt. Besondere Auf-
merksamkeit erregte der gefangene König Spphar, der gefesselt
vor dem Triumphwagen herging. — Man wollte dem glorrei-
chen Sieger auch Ehrensäulen errichten; allein er schlug sie aus
und nahm nur den von dem Schauplatze seiner Siege hergenom-
menen Beinamen Afrikanus an.
So endete ein Krieg, der von den beiden mächtigsten Staa-
ten mit Aufbietung aller Kräfte achtzehn Jahre hindurch zu Was-
ser und zu Lande geführt wurde. Italien, Spanien, Sicilien
und Afrika waren der Schauplatz desselben. Kein Krieg war
reicher an großartigen Unternehmungen, an Wechselfällen des
Glückes, an ausgezeichneten Feldherrn, und unter diesen erregt
Hannibal mit Recht die größte Bewunderung, und Liebe. Glor-
reich ging Rom aus diesem Entscheidungskampfe hervor. Die
gefährlichste Nebenbuhlerin war gestürzt, der Weg zur Weltherr-
schaft angebahnt; und mit Riesenschritten eilte es auf demselben
vorwärts, dem vorleuchtenden Ziele zu.
§. 42. Krieg gegen Philipp, König von Makedonien
(200—196). Die Nömer in Griechenland.
Seit der Schlacht bei Cannä trugen die Römer einen un-
versöhnlichen Haß gegen Makedonien im Herzen; denn der
König des Landes, Philipp, war mit Hannibal in ein
Bündniß gegen sie eingegangen. Es war dem Senate damals
gelungen, die Griechen gegen ihn in Aufstand zu bringen und
ihn so durch einen im eigenen Lande erweckten Krieg von Ita-
lien und der Verbindung mit Hannibal abzuhalten. Seitdem
die Römer aber den zweiten panischen Krieg zu ihrem Vortheil
beendet hatten; wartete der Senat nur auf eine schickliche Gele-
genheit, die durch den Friedensschluß vom Jahre 204 eingestell-
ten Feindseligkeiten mit Philipp wieder zu eröffnen und der über-
mäßigen Ausdehnung seiner Macht und Herrschaft Schranken zu
setzen. Eine solche Gelegenheit fand sich bald: „Als nämlich
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Extrahierte Personennamen: Hannibal Philipp Philipp Philipp Philipp Hannibal Hannibal Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Sicilien Afrika Makedonien Griechenland Makedonien
182
verzichtete auf Vorderasien diesseits des Taurus und gelobte die
Auslieferung des Hannibal. Die abgetretenen Länder überließen
die Römer vorläufig ihren Verbündeten, dem Könige Eumenes
von Pergamus und den Rhodiern, um diese für ihre Anhänge
lichkeit zu belohnen und an ihnen fortan dienstwillige Kundschass
ter und Wächter gegen Antiochus zu haben. Auch die Bundes-
genossen des Antiochus, die Ätolier, welche auf das bloße Ge-
rücht, einer Niederlage der Römer in Asien sofort den Waffen-
stillstand gebrochen und den Krieg erneuert hatten, wurden von
dem Consul M. Fulvius unterworfen und ihre Macht für im-
mer gebrochen (189), während der andere Consul, der durch
schlechte Mannszucht berüchtigte Manlius Vulfo, die Ga-
later bezwang.
Ungeachtet aller Siege und Eroberungen glaubten die Rö-
mer nicht sicher zu fein, so lange Hannibal lebte, ihr furchtbar-
ster Feind, der unablässig in allen Ländern und bei allen Völkern
neue Plane zu ihrem Verderben entwarf. Kaum hatte der graue
Held Kunde von dem Friedensschlüsse des Antiochus und der ihm
drohenden Gefahr erhalten, als er eiligst zu dem Könige von
Bithynien, Prusias, dem größten Feinde des Römerfreundes
Eumenes, entfloh, auch hier aufrufend zum Kampf und Streite.
Aber auch dahin folgten ihm Nachstellung und Verrath. Unter-
furchtbaren Drohungen forderte der römische Gesandte, Q. Fla-
mininus, die Auslieferung des Flüchtlings. Der erschrockene König
ließ schleunigst das Haus desselben mit Wachen besetzen und alle
Ausgänge zur Flucht sorgfältig versperren. Da blieb dem Über-
fallenen nur ein einziges Rettungsmittel, wenn er nicht schimpf-
lich, als Sklave gefessellt, nach Rom wollte geführt werden, —
ein wenig Gift, das er stets in seinem Siegelringe für den äu-
ßersten Nothfall in Bereitschaft hatte. Er zog es hervor, und
als die Bewaffneten hereindrangen, nahm er es mit den Wor-
ten: „So will ich denn die Römer von ihrer beständigen Be-
sorgniß befreien, da sie ja den Tod eines Greises nicht abwar-
ten können!" So schloß der lebensmüde Greis, bereits sechs
und siebenzig Jahre alt, sein großes, sturmbewegtes Helden-
leben (183).
Durch den oben erwähnten ersten Feldzug der Römer in
Asien wurde zwar ihre Weltherrschaft angebahnt, hiermit aber
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204
Dritter Abschnitt.
Die Republik in ihrem Verfalle und ihrer Auflösung,
oder von der Gracchischen Unruhen bis zur Allein-
herrschaft des Octavian. 133—30 v. Chr.
§. 50. Die beiden Gracchen 133—121.
Das Auftreten der Gracchen bildet einen Wendepunkt in
der Geschichte der Römer. Seitdem entstehen wilde Bürger-
kriege, die zum Sturze der Freiheit führen, statt daß der frühere
Streit zwischen den Patriciern und Plebejern, als ein edler Wett-
eifer zwischen diesen beiden Ständen, zur heilsamen Entwickelung
und Fortbildung der Freiheit gedient hatte. Der Hauptgrund zu
den nun hervortretenden Bewegungen lag zunächst in dem bis
auf's höchste gesteigerten Mißverhältnisse zwischen dem Reichthum
der herrschenden Klasse der Nobiles oder Adeligen und der gänz-
lichen Armuth und Verkommenheit der niederen Volksklasse. Ei-
nen eigentlichen Mittelstand, die Hauptstärke eines Staates, gab
es fast gar nicht mehr.-
Jener neue Familienadel bekleidete um diese Zeit nicht nur
alle öffentlichen Ämter und schloß ahnenlose Neulinge (novi ho-
mines) ohne Rücksicht auf Talent und Verdienst von den Ehren-
stellen aus; sondern hatte auch fast das ganze Gemeinland (ag-er
publicus) angepachtet und so fast allen Grundbesitz an sich ge-
bracht. Die zahlreichen kleinen Güter früherer Zeit waren nicht
mehr. Durch die fortwährenden Kriege waren die kleinen Grund-
besitzer ganz heruntergekommen und hatten ihr Erbe um jeden
Preis an die Reichen losschlagen müssen. Ein Stand freier
Ackerbauer, auf welchem Rom's alte Kraft, Biederkeit und
0 Bergt. Hege wisch, Geschichte der gracchischen Unruhen. Ham-
burg 1801. Heeren, Geschickte der Revolution der Gracchen, in dessen
kleinen hist. Schriften Th. 1. Göttingen 1803. Ahrens, die drei Volks-
tribunen, Tib. Gracchus, M. Drusus und P. Sulpicius. Leipzig 1836.
Garzetti, Rom. Gesch., von den Gracchen bis zur Auflösung des west-
lichen Reichs. Aus dem Jtal. von Höfler. Landshut 1842. Nitzsch,
die Gracchen und ihre nächsten V""gänger. Berlin 1847.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T162: [Jahr Rom Senat Plebejer Volk Gracchus Cicero Gesetz Konsul Marius], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
332
tes zusammen, ihren verwüstenden Strom zu hemmen. Alles,
was nur Waffen tragen konnte, wurde zu dem gefahrvollen
Kampfe aufgeboten. Ja er ließ die Kostbarkeiten seines Palastes
öffentlich versteigern, um die Unkosten des Krieges zu bestreiten,
der mit geringen Unterbrechungen von 166 bis 180 geführt
wurde. Anfangs führten ihn die beiden Brüder gemeinschaftlich
und drängten siegreich den Feind zurück. Seit dem Jahre 169
aber, in welchem Berns starb, führte er als alleiniger Kaiser
den Krieg noch elf Jahre fort und kämpfte in vielen mörderi-
schen Schlachten mit wechselndem Glücke, doch immer unverzagt,
gegen die verbündeten Völker an. Der Hauptschauplatz des
Krieges war in der Gegend des alten Carnuntum (Heimburg)
in Pannonien. Von hier aus den Kampf leitend, schlug Aure-
lius die Jazygen auf der gefrornen Donau (173) und drang
dann in das Land der Quaden, die in Mähren und dem östli-
chen Theile von Böhmen wohnten. Dort war es, wo im Jahre
174 sein Heer durch eine größtentheils aus Christen bestehende
Legion (legio fulminatrix) wunderbarer Weise gerettet sein soll.
Das römische Heer war nämlich in einer ganz wasserlosen Ge-
gend vom Feinde eingeschlossen und dem Untergange nahe. Da
plötzlich, heißt es, öffnete der Himmel auf das heiße Gebet der
Christen seine Wolken, rettete durch einen strömenden Regen das
lechzende Heer und brachte durch den rollenden Donner einen
solchen Schrecken über die Feinde, daß diese die Flucht ergriffen.
Roch in demselben Jahre 174 gelang es dem Kaiser, durch Son-
derverträge mit den einzelnen Völkerschaften den Frieden wieder-
herzustellen. Er mußte hierauf gegen den aufrührischen Statt-
halter von Syrien, Avidius Caffius, ziehen, der auf ein falsches
Gerücht vom Tode des Kaisers sich selbst zum Kaiser hatte aus-
rufen lassen. Allein noch vor der Ankunft des Rächers war
der Empörer von seinen eigenen Soldaten erschlagen worden.
— Aber auch der Friede mit den Markomannen war nicht von
Dauer. Im Jahre 178 begannen sie wieder ihre verheerenden
Züge, und der Kaiser mußte abermals gegen sie das Schwert
ergreifen. Er schlug sie zwar zurück, erlebte aber das Ende des
Krieges nicht. Er starb zu Vindobona (Wien) im März 180.
Er war, wie sein Biograph sagt, größer als sein ganzes Zeit-
alter und tadellos bis auf einen eiüzigen Punkt, die blinde Liebe
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Extrahierte Personennamen: Berns Avidius_Caffius
Extrahierte Ortsnamen: Carnuntum Heimburg Pannonien Donau Syrien Wien